Shishawelt im Wandel der Zeit
Es fing damals alles für mich an, als ich nachts mit meinen Kumpels unterwegs war. Erst mit paar Kumpels was trinken gewesen und danach ins „308“ in Darmstadt gegangen, weil ein guter Freund und Arbeitskollege von mir dort als DJ aufgelegt hatte. Meine große neue Liebe zur Goa-Musik hat begonnen. Was aber auch nach paar Cuba Libre begonnen hatte, war das Shisharauchen. Da stand nun so eine Shisha, traditionell orientalisch irgendwie, Blech und blaues Glas, und es duftete nach Kirsche.
Ich muss dazu sagen, ich war ein hundertprozentiger Antiraucher und fand das alles irgendwie nicht so „dolle“, aber was Cuba Libre so alles durchgehen lässt. Wie auch immer, nach einer kurzen Erklärung von Mathias (der DJ), wie ich ziehen muss, habe ich es mal probiert, ohne husten, aber verdammt noch mal: Nach dem zweiten Zug fühlte ich mich, als wenn ich völlig bekifft wäre und jetzt nur noch fliegen, aber nicht mehr laufen könne. Ich fragte Mathias, was da drin sei und er meinte: „Mach dir keinen Kopp, ist nur leichter Tabak mit Kirscharoma. Es ist das Nikotin, was dich so wegballert. Hast nie geraucht plus den ganzen Alkohol, aber hey Ulf, genieß es man… relax.“
Nach einigen vielen Zügen wollte ich den Schlauch schon gar nicht mehr hergeben. Da kam aber meine Aufpasserin um die Ecke und war ein wenig ungehalten: „Oh man Ulf, was treibst du denn da schon wieder? Du musst doch nicht alles ausprobieren, warum jetzt auch noch Drogen?“ Mein Zustand ließ es nicht zu, ihr zu erklären, dass es keine Drogen sind, sondern nur Nikotin, und dass ich wegen des ganzen Cuba Libre noch mehr darauf abfahre. Nein, mit den strengen Worten zu mir und Mathias: „Ulf, wir gehen JETZT!“ Tja, so war sie damals, meine Schwester. Immer besorgt um ihren Bruder und damit „dem Bub“ ja nix passiert (übrigens ist sie die Jüngere).
Egal, trotz Kater am nächsten Morgen und leichten Erinnerungslücken, die Shisha konnte ich nicht vergessen und mein Interesse war extrem geweckt. Daraufhin traf ich mich öfters noch mit Mathias zum Rauchen, bis ich mir meine erste eigene Shisha Online bei Wasserpfeifentraumland in Augsburg (heutige AmyDeluxe Firma) bestellte. Dann wurde in der eigenen Wohnung der Teppich verbrannt, Ringe wurden geübt, statt Wasser haben wir mal Bacardi in die Bowl und beim zweiten Versuch dann nur noch 50% Bacardi und 50% Wasser… ach ja und ganz wichtig: der Tabak früher war sau feucht, total lecker und es schmeckte richtig, richtig gut, und das alles trotz der bescheidenen Schnellanzünder-Kohlen. Es gab nur Alufolie, Tonköpfe, Lederschläuche und Steckbowls (traditionelle Shishas, wie zum Beispiel die Elmas Nargile eine ist).
Das waren die Anfänge des Shisharauchens oder besser gesagt von meinem Shisharauchen. Eine Community direkt gab es nicht, auch wenn immer mehr Leute davon Wind bekamen und es auch mal testen wollten. Im Internet entstanden die ersten Communities, Blogs und auch in diversen Chats und den Vorläufern von Facebook und Co. „Wer-kennt-wen?“ oder „Lokalisten“ wurde das immer mehr zum Gesprächsthema Nummer Eins.
„Wir rauchten sogar mal im Auto während einer Fahrt nach Frankreich mit der großen Tradi-Shisha. Das war eine Fahrt, die ich nie vergessen werde, da ich irgendwann mal abrupt bremsen musste, denn ich konnte nichts mehr sehen vor lauter Rauch. Zum Glück war es mitten in der Nacht, kein anderes Auto auf der Straße und es war irgendeine Landstraße. Ein neuer Plan musste schnell her, denn rauchen während der Fahrt war super. Draußen waren gefühlt 0°C und es war saukalt, egal. Wir zogen unsere Jacken an und fuhren ab da – immerhin für die kommenden 200 km – mit offenem Fenster.“
Zu einem meiner Geburtstage bekam ich mal einen Shishatisch geschenkt. Das war ein verrücktes Teil. Die Shisha war in den Tisch integriert und die Bowl war unter der Tischplatte verschraubt, der Schlauchanschluss war am Tischbein und der Kopf war unten auf dem Zwischenboden montiert. Auch hier eine witzige Geschichte: Man sollte diese Shisha niemals besoffen rauchen und im Suff versuchen, rein zu pusten, weil es nicht schmeckt. Diese Shisha hat KEIN Ventil und somit schießt das Wasser von der Bowl runter zum Kopf und sprudelt raus. Selbst wenn du es merkst und reagieren willst, du kannst nicht die Hand draufhalten, um das Wasser zu stoppen, denn da liegt ja noch die heiße glühende Kohle – kurz um – Teppich am Arsch. Später stand unter der Shisha ein großes Plastiktablett. Erstens, wenn es mal wieder passiert, kann das Wasser nur aufs Tablett laufen und zweitens ist der zuvor entstandene Teppichfleck hervorragend unter dem Tablett versteckt.
Meine Shisha und ich, überall nahm ich sie mit hin. Später holte ich mir meine erste kleinere Shisha, eine Nargilem 101, und das Mitnehmen auf jede Party war ein Muss – für mich und für meine Freunde, die immer wieder danach fragten. Die neu auf den Markt kommende Naturkohle aus Kokosnussschalen (Tom Cococha mit 25x25x27mm) war der Hit. Schwieriger zum Anzünden, aber mit Gaskocher alles kein Ding. In der Wohnung ging das nicht mehr so gut mit dem Gaskocher, also mit einem kleinen Iglu aus Alufolie, das Ganze auf der Herdplatte und es lief wieder. Ja, der Herd war nach vier Jahren dann kaputt, weil die Herdplatten sich total verzogen hatten.
Eine Freundin von mir war mal zu Besuch und wollte wissen, ob es geht, mit der Shisha auch Gras zu rauchen. Da ja keine direkte Verbrennung stattfindet und ich das Zeug auch nicht in meinem Shishakopf haben wollte, um es zu testen, schlug ich vor, sie soll ´nen Joint bauen und wir packen ihn auf den Ventilanschluss. Ich fand, es schmeckte nur komisch, hatte sonst aber keinen spürbaren Effekt vernommen. Bis ich sie dann anschaute. Sie meinte nur über den Film, den wir schauten: „Muss der Film so langsam laufen und warum sprechen die alle so komisch?“ Ich sagte ihr, der Film läuft ganz normal, schaute sie an und da war mir klar, bei ihr schlägt die Kombi Shisha-Joint zu viel an.
Es begann die Zeit der Shishabars und wir trafen uns mit Freunden, rauchten, tranken und genossen das orientalische Flair. Man wurde zwar immer bissel schräg von Nicht-Shisha-Rauchern angesehen, wenn man in eine solche Lounge ging, aber was soll’s. Es war irgendwie abenteuerlich und neu – wir haben es genossen.
Die Community wurde größer, Händler und Hersteller wurden immer mehr und das Thema „Shisha“ wuchs in Deutschland rasant an. Aber trotz der vielen verschiedenen Marken und Shops war immer eine Gemeinschaft zu spüren. Es gab keinen Krieg zwischen den Parteien und man tauschte sich aus über Tipps und Tricks, die Kunden wurden mit eingebunden und irgendwie fühlte es sich an, wie eine große Familie.
Die Shishawelt im Wandel
Viel später, als ich in der Nähe von Augsburg wohnte und in München arbeitete, suchte ich mir eine Shishabar in der Nähe – keine Chance, denn damals gab es die noch nicht an jeder Ecke. Aber dann fand ich eine in Landsberg am Lech, die HookahLounge von Max. Es begann eine wunderbare Zeit und so oft es meine Zeit zuließ, fuhr ich nach Landsberg. Max erzählte mir, dass er auch eine Zeitung, ein Fachmagazin für Shisha herausgibt, und was er da immer so schreibt und berichtet. Wir sprachen immer öfters darüber und tauschten uns aus. Ich lernte durch die HookahMag noch viel mehr über Shisha, den richtigen Kopfbau, wer noch alles Tabak und Shishas produziert. Ich durfte sogar mal mein Wissen über das richtige „Freistellen“ eines Bildes mit einbringen. Die HookahLounge war was ganz Besonderes, denn Ambiente und Flair war nicht mehr orientalisch, sondern modern und dennoch gemütlich, junge Gäste und immer war auch hier eine familiäre Stimmung. Aber das Wichtigste war: Zigaretten rauchen war absolut verboten, denn dieser Zigarettengeruch macht die Luft kaputt, sagte Max. Einmal kam ein Typ rein mit einer Zigarette und du hast es sofort gerochen – furchtbar. Leider wird das heute in keiner Bar mehr praktiziert, schade eigentlich.
Irgendwann erzählte mir Max, dass er mit dem HookahMag aufhört, weil die Community nicht mehr das sei, was sie früher mal war und auch der Umgang mit den Kunden für seine Werbeanzeigen komplizierter wurde. Eine Ära war vorbei. Lange gab es kein solches Fachmagazin mehr und lange überlegte ich, ob mal wieder ein Neues kommt oder ob Max vielleicht weiter macht. Leider nein, also fasste ich den Entschluss das wir unser eigenes Magazin starten. Die ShishaMag wurde geboren und mit meinen Partner, einem Großhändler aus Weinheim starteten wir zusammen mit unserem Projekt. Es war fantastisch, noch tiefer in die Shishaszene eintauchen zu können. Diese Vielfalt an Herstellern, Händlern und der mittlerweile riesigen Community war überwältigend. Selbst international war die ShishaMag bekannt, weil wir oft auch Kunden und Berichte aus Europa und sogar den USA hatten.
Nach zwei Jahren trennten sich unsere Wege aus den verschiedensten Gründen, aber aufgegeben wollte ich nicht. Viel Zuspruch hatte ich ja, aber das erste Shisha-Journal war ein finanzielles Risiko.
Shisha-Journal wuchs und wuchs und auch das Team um das Shisha-Journal wurde größer. Wir kamen viel rum, lernten viel Neues, auch über die Zeit, bevor ich überhaupt mit Shisha (Wasserpfeife) begonnen hatte. Meine später dazukommende rechte Hand und ldamals guter Freund (P. H.) war ein riesiger Zugewinn für das Shisha-Journal. Mit seinem Fachwissen und seinem Drang danach, immer mehr zu lernen, war er eine riesen Unterstützung. Ich möchte mich auf diesem Weg noch mal bei dir für diese Zusammenarbeit und die tolle Zeit als Team bedanken. Und auch unsere gemeinsamen Trips nach Russland zur Hookah-Club-Show und zum Big-Apple Festival waren legendär.
Als Grafiker hatte ich auch mehrfach in der Shishawelt mit anderen grafischen Jobs zu tun, und das ist bis heute auch so geblieben. Verpackungen, Flyer, Prospekte und Etiketten für Dosen sind bei mir entstanden.
„Hass, Neid und Missgunst zogen ein in die Szene und wir sind da gelandet, wo wir heute sind.“
Die Entwicklung der Szene im Allgemeinen
In wenigen Worten könnte man es so beschreiben: Sie war klein am Anfang, wuchs schnell heran und wurde riesig. Am Anfang war es wirklich noch eine große Familie, sicherlich mit kleineren Streitereien, aber man konnte diese noch mit wenigen Worten wieder aus der Welt schaffen. Als dann der Kampf mit den neuen Gesetzen losging und der Szene immer mehr Steine und Hürden vom Gesetzgeber in den Weg gelegt wurden, zerbrach die „Familie“ und ein jeder war nur noch auf seinen Vorteil und seinen Sieg bedacht. Anwälte, Gerichtsverhandlungen, Drohungen, kriminelle Machenschaften und Verfeindungen begannen.
Hass, Neid und Missgunst zogen ein in die Szene und wir sind da gelandet, wo wir heute sind. Der Shishaverband e.V. (heutiger Bundesverband Wasserpfeifentabak e.V.) will das mit seinem Tun nun wieder kitten und reparieren, aber das ist ein sehr schwieriger Weg. Ich hoffe wirklich, dass alle Hersteller, Shopbetreiber und auch die Konsumenten verstehen, dass wir nur etwas erreichen, wenn wir alle zusammenhalten. Mit solchen Aussagen wie „wenn der XY dabei ist, mache ich nicht mit“ oder „ach das bringt doch nix, alleine bin ich besser dran“ werden wir es nicht aufhalten können, das Vater Staat dem Shisha-Business in Deutschland und auch in Europa den Gar aus machen will. Vor allem muss auch die Kriminalität, die immer wieder mit der Shishaszene in Verbindung gebracht wird, verschwinden. Sonst sehe ich keine Zukunft für Shisha in Deutschland. Allein zu diesem Thema kann man ein eigenes Buch schreiben, aber das ist ein anderes Thema.
Viele, die das jetzt hier lesen, werden sagen: „Ja, wenn der damals nicht angefangen hätte …“ oder „ja das ist aber nicht meine Schuld, weil bla bla bla …“. Leute, greift euch alle mal an die eigene Nase, denn alle tragen ein bisschen Mitschuld – JEDER. Das muss jetzt mal ein Ende haben und wir müssen zusammenhalten – gemeinsam sind wir stark. Das war schon immer so in der Geschichte und es wird auch immer so bleiben. Ein Einzelner kann nie so viel erreichen als viele gemeinsam.
Und das bedeutet auch, ein jeder muss sich an die Gesetze halten. Ob es die Hersteller oder die Shopbetreiber sind, Veranstalter von Events jeglicher Art und Größe, Blogger und Reviewer sowie die Konsumenten. Nur dann ist die Mission „Shisha in Europa“ mit Erfolg gekrönt. Hier gibt ess auch keine Ausnahmen und Ausreden.
In diesem Sinne: Guten Rauch und eine friedliche Zeit.